Heute schnappe ich – cleo – mir ein Thema, das in vielen Unternehmen derzeit für Stirnrunzeln sorgt: Steigende Fehlzeiten. Kurzum: Immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben krankheitsbedingt zu Hause. Doch ist das wirklich so? Und wenn ja, warum steigt die Anzahl der Fehltage?
Zahlen, Daten, Fakten: Was zeigen aktuelle Statistiken?
Werfen wir zuerst einen kurzen Blick auf die großen Krankenkassenberichte, die jedes Jahr Erhebungen zum Krankenstand in Deutschland veröffentlichen. Die Techniker Krankenkasse (TK) meldet beispielsweise, dass jede versicherte Erwerbsperson 2023 durchschnittlich 19,4 Tage krank war – ein Wert, der so hoch ist wie nie seit Beginn ihrer Auswertungen im Jahr 2000. Gleichzeitig wird berichtet, dass bis August 2024 bereits das Niveau des gesamten Vorjahres erreicht wurde.
Die AOK, BKK und andere Kassen ziehen in ihren Reports ähnliche Schlüsse. Rund 6,1 % aller Beschäftigten in Deutschland waren 2023 krankgeschrieben, was bedeutet, dass im Durchschnitt jeder Zwanzigste an jedem Tag im Jahr fehlte.
Das heißt aber noch nicht automatisch, dass eine einzelne Ursache alles erklärt – die Realität ist meist komplexer.
Vier große Ursachenblöcke: Was treibt die Fehlzeiten in die Höhe?
Schaut man tiefer in die Auswertungen, fällt auf, dass vor allem folgende Krankheitsbereiche besonders ins Gewicht fallen:
- Atemwegserkrankungen (Erkältungen, Grippe, Bronchitis)
- Psychische Erkrankungen (Stress, Burnout, Depression)
- Muskel-Skelett-Probleme (Rückenschmerzen, Verspannungen)
- Demografischer Wandel (steigendes Durchschnittsalter)
Die Krankenkassenberichte legen nahe, dass fast ein Viertel der Fehltage auf Infektionen der Atemwege zurückgeht. Das können Erkältungen sein, aber auch Grippewellen und ähnliche Infektionskrankheiten, die sich schnell am Arbeitsplatz ausbreiten können.
Auf Platz zwei der häufigsten Diagnosen stehen psychische Leiden. Das können Burnout, Depression oder Angststörungen sein.
Muskel-Skelett-Erkrankungen rangieren ebenfalls weit vorn – hier geht es um Rückenschmerzen, Bandscheibenprobleme oder andere Beschwerden, die durch körperliche Belastung oder auch durch stundenlanges Sitzen im Büro entstehen.
Und dann wäre da noch die demografische Entwicklung: Ältere Mitarbeitende haben ein höheres Risiko für chronische Beschwerden und benötigen manchmal längere Erholungsphasen. In Branchen wie Handwerk und Pflege, wo Fachkräftemangel herrscht, steigt das Durchschnittsalter oft besonders schnell, was sich in den Krankheitsstatistiken niederschlagen kann.
Diese Faktoren wirken häufig zusammen. Wer unter psychischem Stress leidet, könnte auch anfälliger für Infekte sein. Wer körperlich sehr beansprucht wird, hat bei zusätzlichem mentalen Druck möglicherweise eine geringere Widerstandsfähigkeit. So entsteht ein Geflecht verschiedener Einflüsse, die sich gegenseitig verstärken können.
Sind Corona, Gen Z & Co. Schuld?
Jetzt kommen wir zum Teil, in dem ich Dir ein bisschen den Detektivhut aufsetze. Denn um steigende Fehlzeiten ranken sich etliche Mythen und Halbwahrheiten. Hier ein paar der gängigsten – und was wirklich dahintersteckt:
Mythos 1: „Corona ist allein schuld“
Viele glauben, die Pandemie sei der Hauptgrund für den Anstieg der Fehltage. Sicher hat Corona vieles verändert, etwa die Arbeitsorganisation oder die Sensibilität für Gesundheitsfragen. Doch wenn man sich Langzeitstatistiken anschaut, ging die Kurve der psychischen Erkrankungen und Muskel-Skelett-Beschwerden schon vor 2020 nach oben. Corona hat die Dynamik vielleicht verstärkt, aber war nicht der alleinige Auslöser.
Mythos 2: „Die Gen Z ist faul und meldet sich öfter krank“
Das Vorurteil, dass jüngere Mitarbeitende überdurchschnittlich oft krankmachen, hält sich hartnäckig. Tatsächlich gibt es aber keine Belege dafür, dass eine komplette Generation „fauler“ ist. Was sich geändert hat, ist das Mindset: Jüngere Beschäftigte legen oft mehr Wert auf Work-Life-Balance und mentale Gesundheit, sind offener beim Thema Stress und Krankheit. Sie rennen nicht zwingend schneller zum Arzt – sie reden nur offener darüber.
Mythos 3: „Es ist reiner Zufall – nächstes Jahr geht’s wieder runter“
Klar kann es in einzelnen Jahren Grippewellen geben, die Zahlen kurzfristig in die Höhe treiben. Aber mehrere Krankenkassenberichte über verschiedene Jahre hinweg zeigen einen Trend, keinen sprunghaften Zufall. Wenn bei Millionen von Versicherten die Fehlzeiten gleichzeitig steigen, ist das meist kein Ausrutscher mehr. Zudem wird der demografische Wandel weiter voranschreiten, was die Krankheitstage vermutlich nicht einfach so sinken lässt.
Mythos 4: „Höhere Fehlzeiten bedeuten weniger Engagement“
Manche vermuten, wer häufiger fehlt, wäre weniger engagiert. Doch das greift zu kurz. Wer krank ist, kann nicht seine volle Leistung bringen – das ist menschlich. In Betrieben mit guter Gesundheitskultur fehlen Mitarbeitende manchmal sogar seltener, weil sie sich rechtzeitig erholen können und nicht krank zur Arbeit erscheinen. Kurze Auszeiten können vor längeren Ausfällen schützen.
Kurz gesagt: Einfache Erklärungen gibt es nicht. Oft überlagern sich wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Faktoren. Ein bloßer Fingerzeig auf Corona oder eine bestimmte Generation hilft wenig weiter, um die wahren Gründe zu verstehen.
Wie lässt sich das Thema sensibel angehen?
Fehlzeiten können Unternehmen herausfordern – Planung, Kosten, Arbeitsabläufe. Doch nicht jede Maßnahme, die woanders wirkt, passt in jede Firma. Vielleicht sind in Deinem Umfeld ergonomische Verbesserungen sinnvoll, vielleicht ein neues Schichtsystem oder ein Coaching-Angebot für Teams. Grundsätzlich gilt: Mehr Druck auf Beschäftigte erhöht eher den Stress, als dass er Fehlzeiten senkt.
Wichtig ist, genau hinzuschauen: Wann treten Ausfälle auf? Gibt es bestimmte Muster oder Abteilungen, wo es gehäuft vorkommt? Manchmal genügen schon kleine Stellschrauben, um eine bessere Atmosphäre zu schaffen. Und ja, es braucht Fingerspitzengefühl – niemand sollte das Gefühl haben, unter Generalverdacht zu stehen. Schließlich ist jedes Team anders.
Fazit: Vielschichtige Gründe, keine einfachen Antworten.
Die steigenden Fehlzeiten haben nicht eine einzige Ursache. Atemwegserkrankungen, psychischer Druck, ein älter werdendes Team und pandemiebedingte Nachwirkungen greifen ineinander wie Puzzleteile. Wer nach einer einfachen Erklärung sucht, wird sie nicht finden – und das macht das Thema gleichzeitig komplex und spannend.
Statt in Alarm zu verfallen, hilft es, die Entwicklungen zu verstehen und passende Ansätze zu finden. Denk daran: Du musst nicht alles alleine stemmen, und niemand erwartet, dass Fehlzeiten auf magische Weise verschwinden. Aber man kann einiges tun, um das Miteinander zu stärken und Stress auf ein gesundes Maß zu reduzieren.
Falls Dir dabei der Kopf raucht: Ich bin cleo und begleite Dich gerne, wenn es darum geht, herauszufinden, was in Deinem Umfeld sinnvoll sein könnte. Gemeinsam finden wir einen Weg, der den Menschen und den Anforderungen gleichermaßen gerecht wird – versprochen!
Quellen
AOK Fehlzeiten-Report 2024
Techniker Krankenkasse (TK) Gesundheitsreport 2024
WIdO (Wissenschaftliches Institut der AOK) – Fehlzeiten-Report
BKK Gesundheitsreport – BKK Dachverband
BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin)
Statistisches Bundesamt (Destatis)